Unternehmensnachfolge in Zeiten der Pandemie
2020 gab es durch die Corona-Pandemie kurzzeitig einen Einbruch bei Unternehmensnachfolgen im deutschen Mittelstand, da zunächst das wirtschaftliche Überleben im Vordergrund stand. Doch wie wird es nach der Pandemie weitergehen? Wir wissen es.
2020 gab es durch die Corona-Pandemie kurzzeitig einen Einbruch bei Unternehmensnachfolgen im deutschen Mittelstand. Das war nicht überraschend, denn natürlich ging es gerade zu Beginn der Pandemie und in den ersten Monaten in vielen Unternehmen erst einmal um das wirtschaftliche Überleben. Nachfolgepläne wurden deshalb vielfach auf Eis gelegt.
Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die KMU in Deutschland
Das Mittelstandspanel 2021 der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bezifferte die Umsatzverluste der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland im Jahr 2020 auf 277 Mrd. Euro. Heftige Einschnitte also, die dennoch, so die KfW, im Vergleich zur Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 überschaubar blieben. Selbst der Stellenabbau war moderat. Auch die Eigenkapitalausstattung verzeichnete in der Breite des Mittelstands keine massiven Einbrüche, jedoch sank die Quote bei kleineren Unternehmen überdurchschnittlich. Deutliche Rückgänge gab es bei Investitionen: So wurden 2020 61 Mrd. Euro weniger als geplant investiert und die Neuinvestitionen sanken um 7 Prozent.
Viele KMU sind also bisher besser durch die Corona-Krise gekommen als vielfach erwartet. „Rasche Anpassungen bei Geschäftsmodellen und vor allem starkes Wachstum im digitalen Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen haben sich vielfach als Rettungsanker erwiesen und Schlimmeres verhindert.“, so die Forscher der KfW. Zusätzliche stabilisierende Effekte rührten aus den umfangreichen staatlichen Unterstützungen und Transferleistungen wie Kurzarbeitergeld her.
Bereits im Mai 2021 hatten wir bei einem Expertentalk für den Nachfolgeplaner über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Unternehmensnachfolge gesprochen. Alle Experten waren sich damals einig, dass trotz erhöhter Herausforderungen sich Unternehmensnachfolge auch in der Krise lohnt, diese möglicherweise sogar besondere Chancen birgt.
Der im Sommer 2021 im Nachfolgeplaner vorgestellte Nachfolgemonitor 2021 hatte herausgefunden, dass es 2020 bei den von den Bürgschaftsbanken begleiteten Unternehmensnachfolgen keinen Corona-bedingten Rückgang gegeben habe. Diese repräsentierten jedoch nur einen Ausschnitt des Nachfolgegeschehens und deshalb überrascht es nicht, dass die Zahl der erfolgreich abgeschlossenen Unternehmensnachfolgen 2020 insgesamt auf einen Tiefstwert von 46.000 sank. Im Vergleich zu den jährlichen durchschnittlich 60.000 Unternehmensnachfolgen der fünf Jahre zuvor, haben im Jahr 2020 über 20% weniger Unternehmen den Besitzer gewechselt.
Unternehmensnachfolgen in Pandemiezeiten
Schon im Sommer 2020 stiegen die Unternehmensinserate bei der Nachfolgebörse nexxt- change nach einer kurzen Talfahrt im Frühjahr wieder an und das Nachfolge-Monitoring Mittelstand 2020 der KfW vom Dezember 2020 klang verhalten optimistisch. Ältere Unternehmerinnen und Unternehmer, deren Rückzug kurz bevorsteht, wollen auch in Krisenzeiten an ihren Übergabeplänen festhalten. Und „Knapp die Hälfte der ca. 260.000 für die kommenden zwei Jahre vorgesehenen Übergaben sind fertig verhandelt, bei einem weiteren Drittel laufen die Verhandlungen mit Nachfolgeinteressierten.“ Diese Zahlen stammten allerdings aus dem ersten Halbjahr 2020.
Gerade erschien ganz aktuell das Nachfolge-Monitoring Mittelstand 2021 der KfW mit den neuesten Trends und insgesamt positiven Aussichten, auch wenn noch immer kein Ende der Corona-Krise abzusehen ist.
Nachdem 2020 für mehr als die Hälfte der KMU das Thema Nachfolge weit nach hinten gerückt war, stand es seit 2021 wieder auf der Tagesordnung. Immerhin 57 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer dachten im vergangenen Jahr über ihren künftigen Rückzug nach, im Vorjahr taten dies 8 Prozent weniger. Mehr als zwei Drittel von ihnen strebten die Übergabe an eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger an, für knapp ein Drittel allerdings war die Stilllegung eine ernsthafte oder sogar die einzige Option.
Der „Corona-Knick“ bei der Unternehmensnachfolge scheint jedenfalls überwunden, wofür die aktuellen Zahlen der KfW sprechen. Ihre Forscher haben herausgefunden, dass bis zum Jahresende 2022, 230.000 der insgesamt 3,8 Millionen mittelständischen Unternehmen eine Nachfolgelösung erreichen wollen. Immerhin drei Viertel von ihnen, 170.000 Unternehmen, haben sich bereits mit ihren Nachfolgern geeinigt oder stehen gegenwärtig in Verhandlung mit ihnen. Das wäre ein neuer Höchstwert.
Ausblicke auf das Nachfolgegeschehen der kommenden Jahre
Trotz der existentiellen Krise von Wirtschaft und Gesellschaft hat der Mittelstand in Deutschland bewiesen, dass er auf stabilen Füßen steht und flexibel und innovativ auf neue Herausforderungen reagieren kann. Das macht ihn auch in Zukunft attraktiv für Existenzgründer, speziell Nachfolger. Für Existenzgründer bleibt die Übernahme eines mittelständischen Unternehmens weiterhin eine erfolgversprechende Option.
Diese werden in den kommenden Jahren unter noch mehr Angeboten wählen können, denn die geburtenstarke Babyboomer-Generation zieht sich in den nächsten 10-15 Jahren aus dem Erwerbsleben zurück. Alle nachfolgenden Generationen sind durch die anhaltend niedrigen Geburtenraten seit den 1970er Jahren zahlenmäßig kleiner als die Babyboomer, was sich natürlich auf die Anzahl potenzieller Nachfolger auswirken wird. Zudem zogen in den vergangenen Jahren die meisten Erwerbstätigen, bedingt durch die gute Wirtschaftslage, abhängige Beschäftigungen einer Selbstständigkeit vor. Die Corona-Krise wird daran wenig ändern, sondern eher das Sicherheitsbedürfnis der meisten Menschen verstärken.
Auch externe Nachfolger haben weiterhin gute Chancen, ein passendes Unternehmen zu finden und erfolgreich zu übernehmen, obwohl externe Nachfolgen im Jahr 2020 erst einmal spürbar zurückgegangen sind. Ablesbar ist das am Niedergang der absoluten Nachfolgezahlen und am sprunghaften Anstieg von Nachfolgen innerhalb der Familie, die 2019 einen Anteil von nur noch 34 Prozent ausgemacht hatten, während der Pandemie in 2020 aber auf 46 Prozent anstiegen. Das liegt möglicherweise zu einem Teil daran, dass das Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens innerhalb der Familie gerade in Krisenzeiten größer ist, weil alle Informationen für Familienmitglieder gut erreichbar sind.
Externe Nachfolger müssen sich diese erst sehr aufwendig beschaffen und sollten deshalb in Krisenzeiten mehr Aufwand und Zeitbedarf einplanen: für Suche, Planung, Kaufpreisermittlung und Verhandlungen. Bei Erfolg können sie dann allerdings auf ein bestehendes Geschäftsmodell zurückgreifen, mit Kundenstamm, Lieferanten, Auftragsbestand, Mitarbeitern und deren Knowhow, welches sich in der Vergangenheit bereits bewährt hat und gute Zukunftsaussichten birgt.
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