Digitale Transformation

Unternehmensnachfolge: Aktuelle Zahlen und Fakten

190.000 Unternehmer planen, noch bis Ende des Jahres ihre Firma zu übergeben – ein Drittel davon steht noch vor Unsicherheit. Der Grund: Rechtliche Hürden und ein Mangel an geeigneten Nachfolgekandidaten. Ein Blick auf aktuelle Zahlen und Fakten in der Unternehmensnachfolge lohnt sich.

Die Zukunft des deutschen Mittelstands steht vor einer bedeutenden Herausforderung: dem Generationswechsel in der Unternehmensnachfolge. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat im März 2023 eine neue Studie basierend auf Daten des KfW-Mittelstandspanels veröffentlicht. Das KfW Research Nachfolge-Monitoring informiert jährlich über die Trends innerhalb der Nachfolge des deutschen Mittelstands. Die Ergebnisse stützen und ergänzen auch bisherige Studien zur Entwicklung der Unternehmensnachfolge.

Dieses Jahr fällt besonders die Knappheit an geeigneten Nachfolgekandidaten für eine Unternehmensnachfolge in den Fokus. Wieso fehlen die Nachfolger und wie macht sich der demografische Wandel in der Übergabe bemerkbar? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigt sich das Nachfolge-Monitoring – ein Blick auf die Studie lohnt sich.

Nachfolge-Monitoring 2022: Die wichtigsten Ergebnisse

Eine erfolgreiche Nachfolge erfordert gründliche Planung, sorgfältige Auswahl eines geeigneten Nachfolgers und eine reibungslose Übergabe. Auf die Herausforderungen dieses Prozesses hat das Nachfolge-Monitoring einen Blick geworfen – das sind die wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammengefasst:

  • Bis zum Jahresende 2023 beabsichtigen etwa 190.000 Unternehmensinhaber ihr Unternehmen an einen Nachfolger zu übergeben. Ungefähr zwei Drittel der geplanten Kurzfristnachfolgen wurden bereits endgültig vereinbart, das übrige Drittel steht aber noch vor Ungewissheit.
  • Die Unternehmen sehen sich insbesondere mit einer Herausforderung konfrontiert: einem Engpass an geeigneten Kandidaten. Das Gründungs- und Nachfolgeinteresse wird weiterhin als gering eingeschätzt – die Zahl der Unternehmen, die vor der Suche nach einem geeigneten Nachfolger stehen, steigt an, während potenzielle Kandidaten immer seltener zu finden sind.
  • Ein Misserfolg in der Nachfolge ist absehbar: Es ist wahrscheinlich, dass jeder vierte kurzfristige Nachfolgewunsch unerfüllt bleibt. Besonders in Gefahr sind dabei externe Übergaben.
  • Zusätzlich nimmt auch das Durchschnittsalter der Inhaber stetig zu. Aktuell sind bereits 1,2 Millionen Unternehmer 60 Jahre oder älter.
  • Weiterhin bleibt der Wunsch der Nachfolge innerhalb der Familie präsent.

Tipp: Sie wollen mehr über Unternehmensnachfolge lernen? Hier sind alle wichtigen Infos für Sie zusammengefasst.

„Corona-Knick“ überwunden

Die gute Nachricht zuerst: Die durch die Corona-Krise ausgefallenen Rückzugsplanungen liegen wieder im Durschnitt. Der sogenannte „Corona-Knick“, also der Rückgang der Nachfolgeprozessplanung durch das recht unsichere Wirtschaftsumfeld, ist somit überwunden.

Eine Veränderung lässt sich auch in dem Wunsch der Familiennachfolge erkennen. Vor der Corona-Pandemie erwogen etwa 45 Prozent der Unternehmer, die Rückzugspläne hatten, die Übergabe des Unternehmens an ein Familienmitglied. Im Jahr 2020 stieg dieser Anteil auf 61 Prozent. Gegenwärtig streben nach wie vor 53 Prozent der bisherigen Inhaber eine Familiennachfolge an. Die Möglichkeit einer externen Übergabe oder eines externen Verkaufs wird wieder etwas öfter als Option für die Nachfolge in Betracht gezogen. Im Jahr 2022 haben dies 45 Prozent der Inhaber als Möglichkeit angegeben – dagegen wurde die Nachfolge innerhalb der Belegschaft nur mit 26 Prozent aufgeführt. Das Schlusslicht bildet mit 15 Prozent die Übergabe an Miteigentümer.

Engpass bei geeigneten Kandidaten für Unternehmensnachfolgen

Es gibt viele Hindernisse, die einer erfolgreichen Nachfolge im Weg stehen – unter anderem rechtliche und steuerliche Herausforderungen, Mitarbeiterakzeptanz, mangelnde Einigung über z. B. den Kaufpreis oder andere interne und externe Einflüsse. Die größte Herausforderung bei der Unternehmensnachfolge bleibt aber unverändert – es gibt nach wie vor einen Mangel an geeigneten Nachfolgern. 70 Prozent der mittelständischen Unternehmen sehen dort ein Problem. Es entsteht eine Lücke in der Unternehmensnachfolge, die dazu führt, dass selbst bei aktivem Engagement das Vorhaben oftmals scheitert. Es ist zu erwarten, dass unfreiwillige Unternehmensstillegungen spürbar zunehmen.

Warum aber fehlen die Nachfolger?

Die Zahl der Personen, die ein Unternehmen übernehmen wollen, nimmt stark ab. Der demografische Wandel macht sich bemerkbar und es fehlt schlichtweg der Nachwuchs. Aber auch fehlende Ansprechpartner und Netzwerke, die einen Kontakt zwischen Nachfolgern und Unternehmern ermöglichen, stellen laut Befragten ein Problem dar. Der Austausch hat vermutlich während der Pandemie unter den Kontaktbeschränkungen gelitten. Dennoch gibt es mittlerweile zahlreiche Plattformen und Börsen, die Inhaber und Nachfolger zusammenbringen, etwa die von KfW und weiteren Partnern ins Leben gerufene Nachfolgebörse nexxt-change.

Neben den fehlenden Kontaktmöglichkeiten erschweren auch der Fachkräftemangel und eine allgemeine Unternehmerknappheit die Zukunft der Nachfolge. Es lässt sich bei der jüngeren Generation ein generell fehlendes Gründungsinteresse erkennen. Die gestiegenen Unsicherheiten im geschäftlichen Umfeld – durch die Nachwirkungen der Pandemie, die Inflation und weitere Krisen – könnte erklären, dass so wenige den Schritt in die Selbstständigkeit wagen möchten. Sowohl eine Existenzgründung als auch eine Unternehmensnachfolge bürgen ein Risiko, das derzeit nur wenige Menschen eingehen können.

Als weiteres Problem sehen 28 Prozent der KMU die zunehmende Bürokratie. Weitere 24 Prozent nennen die rechtliche bzw. steuerrechtliche Komplexität. Für Nachfolger ist die Konfrontation mit Abläufen der Finanzverwaltung Neuland und stellt besonders in der Familiennachfolge ein Problem dar.

Fazit: Hürden abbauen, Attraktivität erhöhen

Ob und wie insbesondere die kurzfristigen Nachfolgen Erfolg haben, bleibt noch ungewiss. Der Trend zu älteren Inhabern und wenig Nachwuchs nimmt jedoch weiter zu und wird sich auch die nächsten Jahre verschärfen. Für Unternehmer, die eine Unternehmensübergabe beabsichtigen, ist es wichtig, jetzt schon mit der Nachfolgeplanung zu beginnen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) rät, spätestens drei Jahre vor der Übergabe mit der konkreten Suche zu beginnen.

Um das Interesse an einer Unternehmensnachfolge insgesamt und besonders für die kommende Generation an Fachkräften zu erhöhen, ist es notwendig, Unsicherheiten abzubauen und die Attraktivität von KMU hervorzuheben. Auf politischer Ebene gilt es, Richtlinien und Vorschriften, die schon jetzt eine Hürde darstellen, nicht unnötig zu verschärfen. Und Unternehmer des deutschen Mittelstands fokussieren sich am besten darauf, die Vorteile einer Nachfolge gegenüber der noch risikoreicheren Neugründung zu kommunizieren. Indem sie die Stabilität und den Erfolg des eigenen Betriebs zu unterstreichen, positionieren sie sich als ein verlässliches, etabliertes und zukunftsfähiges Unternehmen – das kann junge potenzielle Nachfolger bestärken, den Schritt der Übernahme zu wagen.

Reinhör-Tipp: Nachfolge-Stories