Produktion & Logistik

Produkthaftungsgesetz: Gibt es bald eine Verschärfung der Risiken bei der Produkthaftung?

Es gibt eine Produkthaftung für Hersteller laut Produkthaftungsgesetz. Lesen Sie u.a. wie Sie sich gegen Risiken absichern.

Bereits heute sehen sich Unternehmen beträchtlichen Risiken aus der Produkthaftung gegenüber. Weiter verschärfen werden sich diese, wenn der Entwurf der neuen EU-Produkthaftungsrichtlinie in Kraft tritt. Um sich vor negativen Folgen daraus zu schützen, gilt es, die Risiken für das eigene Geschäft möglichst frühzeitig zu identifizieren und sich dagegen bestmöglich abzusichern.

Was fällt unter die Produkthaftung?

Laut dem Produkthaftungsgesetz muss der Hersteller eines fehlerhaften Produktes Schadensersatz leisten, wenn dadurch ein Mensch zu Schaden kommt oder eine privat verwendete Sache beschädigt wurde. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Produzent den Fehler verschuldet hat. Vielmehr werden an seine Haftung sogar besonders hohe Anforderungen gestellt. Nur wenn er beweisen kann, dass einer der im Gesetz festgelegten Entlastungsgründe vorliegt, wird er von der Produkthaftung freigestellt. Das gilt zum Beispiel:

  • wenn das Produkt nicht für den Verkauf hergestellt wurde oder
  • wenn es den Fehler, der Ursache für einen Schaden war, bei der Herstellung mit Sicherheit noch nicht hatte.

Grundsätzlich sind die Möglichkeiten zur Entlastung von der Haftung jedoch sehr begrenzt.

Wer haftet für was nach dem Produkthaftungsgesetz?

Neben dem Produzenten eines Produkts erfasst die Produkthaftung auch Hersteller, die Teilprodukte in ein anderes Produkt einbauen. Außerdem haften Importeure einer Ware und diejenigen, die ihr Logo oder ihre Marke am Produkt eines Herstellers anbringen. Kann der Produzent nicht festgestellt werden, geht die Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz auf den Händler über. Gibt es bei einem festgestellten Schaden mehrere Adressaten für die Produkthaftung wie beispielsweise den Produzenten und den Importeur, haften beide als Gesamtschuldner. Dabei kann der Geschädigte wählen, gegenüber wem er den Schadensersatz geltend macht.

Im Produkthaftungsrecht kommt es nicht auf mögliche Mängel, sondern allein auf den Sicherheitsstandard eines Produkts an. So ist ein Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die ein durchschnittlicher Kunde erwarten kann. Entscheidend für die Beurteilung sind dabei die Kenntnisse, die beim Nutzer vorausgesetzt werden können. Maßgeblich ist hier die schwächste Nutzergruppe. Allerdings ist auch ein möglicher Fehlgebrauch vom Hersteller einzukalkulieren, sofern sich dieser im üblichen Rahmen bewegt.

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Produkthaftung: Welche Arten von Fehler gibt es nach dem Produkthaftungsgesetz?

Unterschieden wird bei fehlerhaften Produkten im Rahmen des Produkthaftungsgesetzes in:

  • Fabrikationsfehler,
  • Konstruktionsfehler und
  • Instruktionsfehler.

Bei einem Fabrikationsfehler weicht das Produkt von den Vorgaben der Serie ab und der Hersteller haftet fast immer.

Bei Konstruktionsfehlern kommt es darauf an, ob ein Unternehmen das Produkt zum Zeitpunkt des In-Umlauf-bringens nach den gültigen Regeln der Technik hergestellt hatte.

Bei einem Instruktionsfehler wurde der Nutzer nicht oder nicht ausreichend über den sachgemäßen Gebrauch des Produktes aufgeklärt.

Verschärfung der Produkthaftung laut Entwurf der EU-Produkthaftungsrichtlinie

Der von der EU-Kommission am 28. September 2022 vorgelegte Entwurf zur Anpassung der Produkthaftungsrichtlinie hat das Ziel, diese auf die Anforderungen des digitalen Zeitalters auszurichten. Dabei führen die Vorschläge zu einer Verschärfung, die einseitig zu Lasten der Unternehmen geht.

So soll die Haftungsgrenze bei Personenschäden genauso aufgehoben werden, wie der Schwellenwert für Sachbeschädigungen. Vorgesehen sind außerdem Beweiserleichterungen für Geschädigte. Zudem sollen Unternehmen verpflichtet werden, Beweismittel offenzulegen, die Geschädigte für die Begründung ihrer Ansprüche benötigen. Für Produzenten bedeutet das, dass auch sensible Informationen und Geschäftsgeheimnisse an die Öffentlichkeit gelangen könnten.

Mit Blick auf die Digitalisierung erhält schließlich die Cybersicherheit eine besondere Bedeutung. Berücksichtigen Unternehmen hierzu nicht die , ergibt sich daraus bereits ein Produktfehler. Außerdem definiert der vorliegende Entwurf anders als bisher auch Software als Produkt im Sinne des Produkthaftungsrechts.

Absicherung gegen Risiken aus der Produkthaftung

Zunächst ist es für Unternehmen wichtig, sich einen Überblick über mögliche Risiken in Bezug auf die in Verkehr gebrachten Produkte zu verschaffen. Dabei gilt es, sämtliche Ebenen im Blick zu behalten. Größte Sorgfalt ist bei der Produktion anzuwenden. Hier sollten grundsätzlich aktuelle Standards der Technik zum Einsatz kommen. Von besonderer Bedeutung ist dabei auch die Qualitätskontrolle, die im Fall einer Beweissicherung wesentliche Hinweise liefern kann. Eine gründliche Dokumentation ist daher zwingend erforderlich.

Viel Aufmerksamkeit sollten Hersteller auch den Instruktionen der Nutzer widmen. Diese müssen den Kenntnisstand der schwächsten Nutzergruppe berücksichtigen. Bei Bedarf ist eine textbasierte Anleitung, um allgemein verständliche Piktogramme oder Grafiken, zu ergänzen. Schließlich kommt es noch darauf an, die Vertragsgestaltung auf mögliche Schwachstellen zu überprüfen. Je nach Produkt sollten dabei auch Kontrollrechte oder Vorgaben des Herstellers einfließen.

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen wird sich der Haftungsfall nicht immer vermeiden lassen. Eine ausreichende Produkt- oder Betriebshaftpflichtversicherung ist daher unerlässlich. Dabei kommt es darauf an, regelmäßig zu prüfen, ob die Deckungssumme noch den jeweiligen Haftungsrisiken entspricht und diese bei Bedarf anzupassen.

Weitere Haftungsregelungen für Unternehmen

Neben der Produkthaftung sehen sich Unternehmen weiteren Haftungsregelungen gegenüber. So haften sie auch im Rahmen der Produzentenhaftung. Diese hat dort ihre Bedeutung, wo die Produkthaftung eingeschränkt oder ausgeschlossen ist. Anders als bei der Produkthaftung liegt die Beweislast bei der Produzentenhaftung jedoch beim Geschädigten. Außerdem haften Hersteller in Zusammenhang mit ihrer Gewährleistungspflicht – auch Mängelhaftung genannt. Dabei sind sie gesetzlich verpflichtet, auf neue Produkte zwei Jahre und auf gebrauchte Artikel zwölf Monate Gewährleistung einzuräumen. Davon abgedeckt sind Mängel, die das Produkt zum Kaufzeitpunkt hatte.

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