Podcast #13 | Familiennachfolge als spontaner Quereinstieg
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Erfahren Sie in unserer Podcast-Reihe, warum Nachfolgen oft viel spannender als Gründen ist.
Unternehmensnachfolge als Quereinstieg: Von der internationalen Karriere zur Familienschlachterei in der Provinz
Eigentlich sollte es im Familienunternehmen „Landfleischerei Koch“ in Calden bei Kassel alles ganz anders kommen. Der traditionelle Handwerksbetrieb sollte von vierter in die fünfte Generation an einen der beiden Söhne übergeben werden. Aus diesem Grund verließ deren Schwester Katharina die Provinz und begann ein Studium der Politikwissenschaft. Was folgte waren Stationen in Berlin und Paris, sogar in New York bei den Vereinten Nationen konnte sie ihre Karriere fortsetzen.
Doch eines Tages sollte es anders kommen. Katharinas Vater fragte sie, ob sie sich nicht die Übernahme des elterlichen Betriebs vorstellen könnte. Nach kurzem Zögern spürte sie jedoch schnell unternehmerische Ambitionen: „Mich hat die Mischung aus Freiheit und Verantwortung gereizt. Das ist ganz anders, wenn man angestellt ist.“
Der Anfang war nicht leicht, stattdessen hatte Katharina auch Zweifel: „Schlimm, wenn ich die Fußstapfen nicht füllen könnte und das erfolgreiche Unternehmen in der 5ten Generation nicht mindestens genauso erfolgreich weiterführen könnte.“ Ein handwerklicher Meistertitel musste nachgeholt werden und die Sorge vor dem Feedback von außen „einen Rückschritt“ anzutreten lag im Hinterkopf. Die Realität war jedoch eine andere. Die Resonanz aus dem privaten Umfeld war durchweg positiv und auch die Mitarbeiter des Familienbetriebs zeigten sich als Unterstützer der Junior-Chefin. Als Erfolgsrezept erwähnt die Quereinsteigerin den respektvollen Umgang mit dem eigenen Vater aber auch den langjährigen Mitarbeitern wie dem Produktionschef, der bereits Teil des Unternehmens war als Katharina auf der Welt kam.
„Alte Erfolgsfaktoren sollte man nicht abschalten“ – aber Balance ist alles
Sollte sie als Unternehmensnachfolger bestehende Prozesse und Geschäftsmodelle ändern? Dafür gab es z.B. bei der traditionellen Produktherstellung oder der eigenen Schlachtung keinen Grund. „Aber in der Kommunikation, in der betrieblichen Organisation und Führung habe ich viel verändert“. Im Ausbalancieren zwischen historischen Errungenschaften und frischen Ideen, sieht sie den Hebel für Erfolg.
„Gott sei Dank war mein Vater sehr offen, auch für Veränderungen“. Viel Kommunikation zwischen Übergeber und Übernehmer sei das aller wichtigste, um auszuloten: „Was sind die Sorgen, was sind die Ängste“.
Motivation schöpfte sie in dieser Zeit immer wieder aus dem positiven Kundenfeedback, aber auch aus dem Produkt selbst. Beides sei im Handwerk sehr greifbar. Wenn sie kommenden Nachfolgern und Nachfolgerinnen final eine Eigenschaft als Tipp mit auf den Weg geben müsste, wäre es Geduld, sowohl mit anderen als auch mit sich selbst.
Warum Gründen, wenn auch Nachfolgen möglich ist?
Katharina Koch ist im Jahr 2020 mit dem Gründerpreis des Landes Hessens in der Kategorie „Zukunftsfähige Nachfolge“ ausgezeichnet worden. Wie passt es zusammen, dass es einen Nachfolgepreis in der Gründerszene gibt?
Katharina Koch wundert der Hype um Start-Ups nicht, da Gründen auf den ersten Blick attraktiver scheint: Einfach nur sein eigenes Ding machen, ohne Altlasten oder Zwänge. Dabei findet sie das Übernehmen eines bestehenden Geschäftsmodells viel leichter und nachhaltiger. „Es wäre doch unheimlich schade, wenn die viele Arbeit, die dort reingeflossen ist und die Wertschöpfung, die diese Unternehmen bietet, verloren ginge.“
Denn gerade kleine handwerkliche Unternehmen leisten im ländlichen Raum einen wichtigen Mehrwert in Punkto Arbeitsplätze aber auch in der Versorgung. Das hat sich für das Fleischerhandwerk nicht zuletzt in der aktuellen Pandemie gezeigt: Anstatt ins Restaurant zu gehen, kochen die Menschen selbst und kaufen dabei regionaler ein. Für Menschen, die sich in der Corona-Zeit darüber hinaus komplett vorsichtig verhalten haben, hat sich der Online-Handel als nützliche Alternative bewiesen, wie Katharina Koch bestätigt: „Ich hoffe, dass das Bewusstsein bei den Menschen bleibt und wir langfristig davon profitieren können.“
Digitalisierung? „Einfach mal machen“
Auch nach ihrer Auszeichnung bleibt Katharina Koch bodenständig und ambitioniert. Die Digitalisierung betrachtet sie als große Chance. Dabei sollte immer nutzenfokussiert und nicht zum Selbstzweck vorgegangen werden. Dazu gehört Zeitsparen durch das Digitalisieren von internen Prozessen wie z.B der Warenwirtschaft oder auch die Nutzung moderner Kommunikationskanäle wie die Einbindung von Social Media.
Spannend ist dabei das Vorgehen der Landfleischerei Koch. Neue Prozesse werden zumeist von Katharina selbst erprobt, ehe dann andere Mitarbeiter des Unternehmens angelernt werden. „Einfach mal machen“, ein Ausspruch, der zum Handwerk wie die „Ahle-Wurscht“ zu Nordhessen passt, ist dabei ihre Devise. Der Erfolg gibt ihr Recht.
Sky is the limit: Im „Wurstehimmel“ ist Raum für Kreativität und Tradition zugleich
Von ihren Stationen im Ausland hat Katharina aus New York die kulinarische Experimentierfreude und aus Paris die Leidenschaft und Liebe für Lebensmittel mitgenommen. Beides findet sich in den Produkten der Fleischerei wieder. Als Nordhessin gilt ihre große Leidenschaft der „Ahlen Wurscht“. Für alle Nichthessen: hinter der naturgereiften Mettwurst ähnlich einer Salami verbirgt sich nicht nur eine regionale Spezialität Nordhessens, sondern eine lange Tradition.
Für Katharina ist sie in Stück Kultur. „Die Ahle Wurscht steht einem Parma- oder Iberico-Schinken in nichts nach. Und da die Diversifikation der Vertriebskanäle neue Türen für einst regionale Produkte wie die Ahle Wurscht öffnet, hofft sie auf mehr Bekanntheit in Deutschland und wenn nicht sogar darüber hinaus.
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