Unternehmensnachfolge 2021 – Entwicklungen und Trends
Es gibt zu wenig Nachfolger im Mittelstand. Gründe: Unsicherheit durch Krise, erhöhter Finanzierungsbedarf und schwächelnder Gründergeist.
Der Stand der Nachfolge-Aktivitäten von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland, die 2020 die Nachfolge anstreben, schien Mitte letzten Jahres so positiv wie lange nicht mehr. Fast ein Drittel hatte laut Zahlen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bereits einen Nachfolger gefunden, bei 18 Prozent waren die Verhandlungen abgeschlossen. In den Vorjahren lagen diese Zahlen deutlich tiefer.
Auch bei den für die kommenden zwei Jahre geplanten Übergaben hatten mit 83 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (58 Prozent) sehr viel mehr KMU einen Nachfolger gefunden. Gut ein Drittel stand zum Befragungszeitpunkt noch in Verhandlungen, knapp die Hälfte hatte die Verhandlungen bereits abgeschlossen.
Die Zahlen wären ein Grund zur Freude, gäbe es da nicht die Corona-Krise und ihre Folgen. Was hat sich getan im Vergleich?
Unternehmensnachfolgen in der Corona-Krise
Als Folge der Lockdowns verlieren viele Unternehmen gerade im Mittelstand, speziell in der Gastronomie- und Beherbergungsbranche, aber auch in Reisewirtschaft und Handel, an Wert oder geraten durch erhebliche Umsatzrückgänge sogar in existentielle Notlagen. Das wird nicht ohne Einfluss auf geplante oder bereits laufende Verhandlungen bleiben.
Die von der KfW von Februar bis Juni 2020 erhobenen Daten zeigen noch keine Verzögerungen bei Planungen oder gar gescheiterte Nachfolgepläne. Doch mit zunehmender Krisendauer wachsen die Risiken. Ausdruck gestiegener Unsicherheit und damit ein Effekt der Corona-Pandemie ist die sinkende Anzahl von KMU, die überhaupt eine Nachfolgelösung anstreben. Deren Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr von 37 auf 33 Prozent gesunken.
Stattdessen haben 2020 deutlich mehr Unternehmer als in den Vorjahren (51 Prozent im Vergleich zu 45 Prozent in 2019 und 41 Prozent im Jahr davor) keine konkreten Überlegungen zu ihrem Rückzug angestellt. Unsichere Zukunftsaussichten und ganz aktuelle Probleme standen sehr viel stärker im Zentrum unternehmerischen Handelns, die Nachfolgefrage wurde deshalb aufgeschoben.
Parallel dazu gibt es nach Stichprobenbefragungen der KfW erste Indizien dafür, dass solche Planungen zur Stilllegung des Betriebs krisenbedingt zunehmen könnten. So zeigten nach dem Lockdown im April 2020 erhobene Daten nicht nur eine starke Zunahme der Unsicherheit in den Unternehmen, sondern auch einen sinkenden Anteil (von 39 auf 31 Prozent) nachfolgeplanender KMU gegenüber der Stichprobe von Februar/März. Es bleibt abzuwarten, ob Stilllegungsplanungen bei weiter anhaltender Konjunktur- und Umsatzschwäche zunehmen werden.
Demographie, Fachkräftemangel und Digitalisierung wirken sich auf Nachfolge aus
Mittelständler, das zeigt das Nachfolge-Monitoring von KfW Research, sind seit einigen Jahren immer besser auf das Thema Nachfolge vorbereitet und können wohl auch dadurch besser mit unvorhersehbaren Krisen umgehen.
Doch auch wenn wir jetzt alle gebannt auf die Corona-Krise und ihre Auswirkungen schauen – das Thema Nachfolge ist in der deutschen Unternehmenslandschaft seit Jahren dringlich und eine der großen Herausforderungen neben demographischem Wandel, Fachkräftemangel und Digitalisierung. Für Unternehmen, die aktuell vor der Nachfolge stehen, ist also entscheidend, sich um ihre Zukunftssicherheit zu kümmern, anstatt sich mit den akuten Folgen der Lockdowns oder gar existentiellen Problemen beschäftigen zu müssen.
Denn derzeit schlägt die Demographie auf die Anzahl kurzfristig anstehender Nachfolgen durch. Inzwischen sind 29 Prozent der mittelständischen Unternehmer über 60 Jahre alt, 13 Prozent sogar über 65. Der Anteil der KMU, die bereits in den kommenden zwei Jahren die Nachfolge abwickeln wollen, beträgt derzeit 7 Prozent aller mittelständischen Unternehmen im Vergleich zu 4-6 Prozent in den Vorjahren. Und es gibt keine Entwarnung, denn die geburtenstarke Babyboomer-Generation wird sich in den nächsten Jahren verstärkt aus dem Erwerbsleben zurückziehen.
Dem stehen seit Jahren sinkende Zahlen potenzieller Nachfolger gegenüber – aus demographischen Gründen und aufgrund schwächelnden Gründergeistes deutscher Unternehmer. Die KfW spricht von einer „strukturellen Nachfolgelücke“ und befürchtet für 2021 einen weiteren Rückgang der Übernahmegründungen. Dazu kommen viele spezielle Herausforderungen, vor denen gerade Nachfolger stehen und die manche wohl auch abschrecken.
Neue Anforderungen an Unternehmensnachfolger
Nur etwa jeder zehnte Existenzgründer in Deutschland ist ein sogenannter Übernahmegründer, wozu Unternehmensnachfolger zählen. Die Unternehmensübergabe innerhalb der Familie wird immer seltener. Kamen im Jahr 2016 immerhin noch 41 Prozent der Nachfolger aus der Familie, waren es drei Jahre später nur noch 34 Prozent.
Stattdessen übergeben Unternehmer ihr Lebenswerk immer häufiger an Nachfolger außerhalb der Familie. Das sind oft Führungskräfte aus dem eigenen Unternehmen oder externe Bewerber. Im Trend liegen Gründungen im Team, die Entwicklung weiterer neuer Nachfolgemodelle ist zu beobachten.
Während Familiennachfolger eher selten eine Finanzierung benötigen, rückt diese bei Nachfolgern von außen immer stärker in den Fokus. Und im Vergleich zu Existenzgründern wird bei der Übernahme eines ganzen Unternehmens meist sehr viel mehr Kapital benötigt. Übernahmegründer bedenken deshalb deutlich häufiger die finanziellen Risiken einer Selbständigkeit als Neugründer.
Nachfolgen im Team erleichtern den Nachfolgeprozess
Doch nicht nur finanziellen Risiken können Gründer vor einer Nachfolge abhalten. Firmenübernahmen sind meist recht große Gründungsprojekte und kosten überdurchschnittlich viel Arbeitszeit. Unternehmensnachfolger investieren laut den Analysen der KfW durchschnittlich sehr viel mehr Arbeitszeit als andere Existenzgründer. Und sie finden – ein weiteres Problem – nur schwer Partner für ihre Vorhaben, um die zeitlichen und finanziellen Belastungen im Team zu verteilen.
Überdurchschnittliche Arbeitsbelastungen des Nachfolgers mit Folgen für Familie und Privatleben, hohe finanzielle Risiken und Partnermangel wirken sich als echte Gründungshürden aus und werden häufig von Nachfolgern genannt, die ihr Projekt wieder abgebrochen haben.
Wie lässt sich die Nachfolgelücke schließen?
Dennoch ist die Liste erfolgreicher Nachfolgen lang und die „strukturelle Nachfolgelücke“ kann in den kommenden Jahren mit einigen Anstrengungen verkleinert werden. Dazu muss es mehr Unterstützung für Frauen als Nachfolgerinnen geben, denn dieses Potential wurde bisher zu wenig genutzt. Dasselbe gilt für Menschen mit Migrationshintergrund, die inzwischen mehr als ein Viertel der Bevölkerung stellen. Zuletzt sollte es mehr positive Bilder des Unternehmertums geben, mit denen bereits Schüler und andere junge Menschen für das Thema Nachfolge sensibilisiert werden können.