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Bin ich zur Inventur verpflichtet? Das müssen Sie dazu wissen

Eine Inventur ist ein ziemlicher Aufwand. Dabei sind nicht alle Unternehmen gesetzlich zu einer solchen Bestandsaufnahme von Vermögenswerten und Schulden verpflichtet. In diesem Artikel beleuchten wir das Thema und informieren, was man unter einer Inventur versteht, wer zur Inventur verpflichtet ist und welche Verfahren zu welchen Zeitpunkten angewendet werden können.

Für die meisten Unternehmen ist eine Inventur mit einem erheblichen Aufwand, Zeit und Kosten verbunden, da sie den gesetzlichen Vorschriften entsprechen muss. Dennoch sollte nicht vergessen werden, dass diese Bestandsaufnahme auch Vorteile hat: Sie verschafft Unternehmern schließlich einen aktuellen Überblick über ihre wirtschaftliche Lage.

Was ist eine Inventur?

Per Definition handelt es sich bei einer Inventur um die systematische Bestandsaufnahme von Vermögenswerten und Schulden eines Unternehmens beispielsweise durch Zählen, Messen oder Wiegen. Sie wird einmal jährlich vorgenommen und bildet die Grundlage für den Jahresabschluss. Eine Inventur umfasst sowohl materielle Warenbestände als auch immaterielle Vermögenswerte.

Das Ziel der Inventur ist es dabei, eine ordnungsgemäße Buchführung nachzuweisen, etwaige Verluste durch Beschädigungen oder Diebstahl festzustellen und die Buchhaltung entsprechend zu korrigieren.

Sind alle Unternehmen zur Inventur verpflichtet?

Grundsätzlich gilt: Unternehmen, die die doppelte Buchführung anwenden, sind verpflichtet, eine Bestandsaufnahme durchzuführen und ein Inventar ihrer Vermögensgegenstände und Schulden aufzustellen. Dies gilt bei

  • Geschäftseröffnung
  • Abschluss eines Geschäftsjahres
  • Auflösung oder Veräußerung des Unternehmens.

Grundlage dafür sind § 240 HGB sowie die §§ 140 und 141 AO.

Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Unternehmer und Freiberufler, die ihre Gewinne mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 (3) EStG ermitteln, von der Inventurpflicht ausgenommen sind.

Bei Kleinunternehmern sowie Land- und Forstwirten, deren Buchführungspflicht in § 141 AO geregelt ist, muss man jedoch genauer hinschauen. Überschreiten sie bestimmte Schwellenwerte – etwa einen steuerbaren Umsatz von mehr als 800.000 Euro pro Jahr oder einen Gewinn von über 80.000 Euro, sind sie zur doppelten Buchführung, einschließlich Inventur, verpflichtet. Das gilt auch für das einmalige Überschreiten von nur einem der beiden Schwellenwerte.

Hier ist allerdings § 241a HGB zu beachten. Kleine Unternehmen können sich bei der Gründung entscheiden: für doppelte kaufmännische Buchführung, Inventur und Jahresabschlusses – bestehend aus Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung – oder die Anwendung der Kleinunternehmerregelung.

Dennoch können wiederum auch Nicht-Kaufleute aus steuerrechtlichen Gründen dazu verpflichtet sein, zu bilanzieren – und damit auch zu einer Inventur. Dies betrifft aber nur diejenigen, die die genannten Schwellenwerte überschreiten. Ist dies der Fall, muss man nicht automatisch mit der Bilanzierung beginnen, sondern kann auf die Aufforderung des Finanzamtes warten.

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Bestandsaufnahme – wozu braucht man sie?

Sind wirklich 1.500 Ballen Stoff oder 750 Ersatzteile im Bestand? Eine relevante Frage, die geklärt werden sollte. Dazu dient eine Inventur. Dabei wird der tatsächliche vorhandene Bestand mit dem Bestand, der in den Büchern steht, abgeglichen.

Zu Beginn einer Inventur sind Inventurvorbereitungen zu treffen. Dabei sind sogenannte Aufnahmebereiche zu definieren. Somit können die Bestände nach Räumen und Bereichen getrennt aufgenommen werden. Dazu zählen etwa das Lager, die Werkstatt und der Schau- und Verkaufsraum. Die Aufnahmebereiche legt der Inventurleiter fest, der sich auch um die Bereitstellung von Arbeitsmitteln wie Aufnahmebögen oder Messinstrumente kümmert. Ebenso kümmert er sich aber auch um Maßnahmen zur Richtigkeit der Inventur. Dazu zählt z.B., dass das Lager zu Beginn der Inventur aufgeräumt ist oder auch Schäden des Bestands zuvor zu erfassen sind.

Bei der Inventur selbst müssen die Bestände an Waren, Betriebs- und Hilfsstoffe, fertige und unfertige Erzeugnisse, alle beweglichen Gegenstände des betrieblichen Anlagevermögens, Forderungen und Schulden sowie alle übrigen Vermögensgegenstände aufgenommen werden. Geregelt ist es in § 240 HGB. Werden Abweichungen festgestellt, sind oft mengen- und wertmäßige Korrekturen durchzuführen. Die dafür notwendigen Buchungen wirken sich auf das Ergebnis einer Unternehmung aus. Erhöht sich beispielsweise der Warenbestand, so mindert sich dadurch der Wareneinsatz und der Gewinn des Unternehmens erhöht sich. Verringert sich der Warenbestand, so tritt eine Gewinnminderung ein. Damit sorgt u.a. eine Inventur, die gemäß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung durchgeführt wird, für ein umfassendes Bild der Vermögens- und Finanzlage des Unternehmens. Zusätzlich dient die Inventur als Quelle für die Datengewinnung zum buchhalterischen Jahresabschluss, außerdem zu Bestandsüberwachung von Lager- und Vermögenswerten.

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Welche Inventurverfahren gibt es?

Ausgehend von der Art der Vermögensgegenstände, für die eine Inventur durchgeführt wird, gibt es drei verschiedene Inventurverfahren:

Bei der körperlichen Inventur erfolgt die Bestandausnahme beweglicher, materieller Vermögensgegenstände des Unternehmens durch eine sogenannte Inaugenscheinnahme. Sie umfasst zum Beispiel Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Vorräte. Bei dieser Form der Inventur ist die Menge der einzelnen Vermögensgegenstände durch Messen, Wiegen oder Zählen zu erfassen. In Ausnahmefällen sind auch bestimmte Schätzverfahren gemäß § 241 HGB gestattet, die insbesondere bei Vorräten (z. B. Sand) Anwendung finden.

Die Buchinventur ist hingegen die wertmäßige Erfassung aller immateriellen Vermögenswerte. Sie ist einzusetzen, wenn Messen, Wiegen oder Zählen nicht möglich ist. Das ist der Fall bei Bankguthaben, Schulden, ausstehenden Forderungen, Verbindlichkeiten oder auch Lizenzen und Patenten. Grundlage dieser Inventur sind die Aufzeichnungen der Finanzbuchhaltung  (Rechnungen, Kontenauszüge, Quittungen).

Bei der Anlageninventur ist eine Bestandsaufnahme des Sach- und Finanzanlagevermögens nach § 266 HGB durchzuführen. Alle beweglichen Gegenstände des Sachanlagevermögens, wie z. B. der Fuhrpark, Maschinen oder Betriebs- und Geschäftsausstattung sind in der Anlagenkartei festzuhalten. Folgende Informationen dürfen dabei nicht fehlen:  

  • Exakte Bezeichnung des Gegenstandes
  • Bilanzwert am Bilanzstichtag
  • Anschaffungs- oder Herstellungstag
  • Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
  • betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer
  • Jahresabschreibungen.

Welche unterschiedlichen Inventurarten und -zeitpunkte gibt es?

Abgesehen von der Geschäftseröffnung und dem Verkauf bzw. Auflösen eines Unternehmens muss eine Inventur jährlich durchgeführt werden. Wann im Jahr eine Inventur durchgeführt und wie sie gestaltet wird, können Unternehmen selbst entscheiden. Sie haben die Wahl zwischen verschiedenen gesetzlich zulässigen Inventurmethoden, die in § 241 HGB festgelegt sind. Selbst eine Kombination verschiedener Inventurarten ist möglich.

Bei der Stichtagsinventur ist das Inventar am Bilanzstichtag, meist dem 31. Dezember eines Jahres, mengenmäßig durch körperliche Bestandsaufnahme zu erfassen. Der Vorteil der klassischen Stichtagsinventur liegt darin, dass die ermittelten Bestände und Werte einem festen Stichtag zugeordnet werden. Allerdings bringt die Durchführung der Inventur auch Nachteile mit sich, wie den hohen Arbeitsaufwand und mögliche Betriebsunterbrechungen.

In manchen Fällen kann die Inventur auch innerhalb eines Zeitraums von zehn Tagen um den festgelegten Stichtag herum stattfinden, sofern die Bestände auf den Stichtag zurückgerechnet bzw. fortgeschrieben werden. Diese Sonderform der Stichtagsinventur wird als zeitnahe Stichtagsinventur bezeichnet. Der optionale Zeitraum von bis zu 20 Tagen rund um den Stichtag bietet Unternehmen gleichzeitig eine gewisse Flexibilität.

Unternehmen mit großen Lagerbeständen entscheiden sich häufig für die permanente Inventur nach § 241 (2) HGB. Diese Methode ermöglicht es ihnen, mittels eines Warenwirtschaftssystems die Bestandsaufnahme kontinuierlich über das gesamte Geschäftsjahr hinweg vorzunehmen, beispielsweise monatlich oder einmal im Quartal. Voraussetzung für die permanente Inventur ist es, ein Lagerbuch und detaillierte Aufzeichnungen und Listen aller Zu- und Abgänge zu führen. Ein Nachteil besteht im erhöhten Aufwand für die Buchführung, der durch die fortlaufende Bestandsaufnahme entsteht, vor allem bei unkontrollierbaren Abgängen durch Verderb oder Beschädigungen.

Die verlegte Inventur gemäß § 241 (3) HGB bietet Unternehmen eine besonders hohe Flexibilität. Sie kann innerhalb eines frei wählbaren Zeitraums von bis zu drei Monaten vor (vorverlegte Inventur) und maximal zwei Monaten nach dem Stichtag (nachverlegte Inventur) durchgeführt werden. Damit ist die Durchführung in einer weniger arbeitsreichen Phase denkbar oder bei niedrigeren Lagerbeständen. Allerdings erfordert die Methode aufwendige Fort- und Rückschreibungen, die Differenzen in der Buchhaltung versuchen können und mit einem größeren Arbeitsaufwand verbunden sind.

Schließlich ist da noch die Stichprobeninventur, als Teilerhebung im Sinne des § 241 (1) HGB, die vor allem in Großbetrieben zum Einsatz kommt, da hier eine zahlenmäßige Erfassung schlicht nicht möglich oder nicht wirtschaftlich ist. Diese Methode muss jedoch erst vom Finanzamt genehmigt werden. Eine umfassende Bestandsaufnahme ist hier nur bei ausgewählten Gegenständen erforderlich. Alle übrigen Vorräte und Waren werden mit repräsentativen Stichproben gecheckt. Die Ergebnisse sind anschließend mithilfe mathematisch-statistischer Methoden hochzurechnen. Zwar kann die Stichprobeninventur zu einer echten Zeitersparnis verhelfen, durch Rechenfehler könnte aber auch nur ein Teil der Lagerbestände exakt erfasst werden. Deswegen kann durch die Hochrechnung nicht davon ausgegangen werden, dass das Ergebnis auch wirklich mit den tatsächlichen Lagerbeständen übereinstimmt.

Sind alle Unternehmen zur Inventur verpflichtet?

Grundsätzlich gilt: Nach § 1 Handelsgesetzbuch ist jeder Kaufmann verpflichtet, sowohl bei Geschäftseröffnung als auch auf den Schluss eines jeden Geschäftsjahres auf Grund einer Bestandsaufnahme ein Verzeichnis und damit ein Inventar seiner Vermögensgegenstände und Schulden aufzustellen. Dies bedeutet, dass Freiberufler prinzipiell keine Inventur vornehmen müssen. Doch dies gilt auch für diejenigen Unternehmer, die ihre Gewinne anhand einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 (3) EStG ermitteln. Dies betrifft aber nicht die kapitalmarktorientierten Einzelkaufleute mit kleiner Unternehmensgröße.

Die Begründung der Buchführungspflicht ist in § 141 AO geregelt. Sie wird durch die Höhe des Umsatzes, des Gewinns oder des Vermögens begründet. Wird auch nur einer der dort genannten Werte überschritten, so besteht die Verpflichtung zur Buchführung. Das gilt auch für das einmalige Überschreiten.

Bei gewerblichen Unternehmen etwa wird die Buchführungspflicht bei einem steuerbaren Umsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes von mehr als 600.000 € begründet. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb muss mehr als 60.000 € betragen. Hier ist allerdings § 241a HGB zu beachten. Diese Unternehmen können sich entscheiden: für doppelte kaufmännische Buchführung, Inventur und Jahresabschlusses – bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung – oder den Verzicht darauf.

Steuerrechtlich wäre bei einem Verzicht nur noch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 (3) EStG notwendig. Dennoch können wiederum auch Nicht-Kaufleute aus steuerrechtlichen Gründen dazu verpflichtet sein, zu bilanzieren – und damit auch zu einer Inventur. Dies betrifft aber nur diejenigen, die die genannten Schwellenwerte überschreiten. Ist dies der Fall, muss man nicht automatisch mit der Bilanzierung beginnen, sondern kann auf die Aufforderung des Finanzamtes warten.

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